Paprika und Chili, zwei artverwandte Gewächse, finden sich als schmackhafte, gesunde und vielseitige Gemüse in zahlreichen heimischen Gärten. Doch während verschiedene andere Nutzpflanzen eine große Aufmerksamkeit bei Pflege und Aufzucht erfahren, wird die Paprika und insbesondere die Chili häufig etwas stiefmütterlich betrachtet und auch behandelt. Hier erfahren Sie, wie sie das von anderen Pflanzen bekannte Ausgeizen auch bei Paprika und Chili sinnvoll einsetzen, um Qualität und Ertrag gezielt zu steigern.
Der Gedanke hinter dem Ausgeizen
Vor dem Wissen über das Wie, steht zunächst einmal die Kenntnis des Warums. Welchen Zweck verfolgt das Ausgeizen und wie profitieren die Pflanzen davon? Und gibt es beim Ausgeizen auch Nachteile in Kauf zu nehmen? Diese Vorteile werden durch das Entfernen der Seitentriebe zwischen Haupttrieb und Blattachse erreicht und diese eher negativen Aspekte schlagen dabei zu Buche:
Vorteile:
- Konzentration der zur Verfügung stehenden Ressourcen auf Haupttriebe und Blätter, also die für den späteren Ertrag ausschlaggebenden Pflanzenbestandteile
- Vermeidung unnötigen Wachstums an im Regelfall unfruchtbaren Trieben
- Verbesserung der Besonnung und Belüftung der erwünschten Triebe durch Beseitigung der unerwünschten, zu Verschattungssituationen führenden Blättern
- Formgebung der Pflanzen hin zu einem gezielten Wachstum am Rankgerüst
Nachteile:
- Schädigung der Pflanzenhaut, somit Angriffspunkt für Bakterien, Pilze und Parasiten
- Reduzierung des Photosynthese betreibenden Blattwerks, somit geringere Energieversorgung der Pflanze
Das Ausgeizen im Falle von Paprika und Chili
Nun stellt sich die Frage, ob die Entfernung der Seitentriebe denn auch bei Paprika- und Chilipflanzen sinnvoll ist und die gewünschten Effekte bringt. Betrachtet man Herkunft, Wuchs und Eigenheiten der Pflanzen, so ergeben sich verschiedene Punkte, die für ein Ausgeizen von Paprika und Chili sprechen, aber auch verschiedene Aspekte gegen die Entfernung der unerwünschten Triebe:
Vorteile:
- enge Verwandtschaft mit Tomaten und anderen, klassischerweise auszugeizenden Pflanzenarten
- gleiche Herkunft und Standortanforderungen wie verschiedene andere auszugeizende Pflanzen
- Ausbildung typischer Seitentriebe
Nachteile:
- buschige Wuchsform der Nachtschattengewächse, somit keine gezielte Richtungsentwicklung erforderlich bzw. gewünscht
- Ertragssteigerung durch Entfernung von Seitentrieben ungewiss, da Seitentriebe in höherem Maße fruchtbar, als bei anderen Nutzpflanzenarten
- Verlust der buschigen Wuchsform durch Ausbrechen der Seitentriebe, in Folge meist Stützkonstruktion erforderlich, um einseitige oder stark lineare Ausprägung der Pflanzenform zu begegnen
Hört man auf Gärtner und Biologen, ist die Notwendigkeit, aber auch der Effekt des Ausgeizens bei Paprikagewächsen zumindest umstritten. Einerseits kann man möglicherweise eine Konzentration der Wuchsenergie auf Früchte und fruchttragende Triebe daraus resultieren, andererseits wird der natürliche Wuchs ohne bewiesenen Effekt beeinflusst und das Gleichgewicht der Pflanzen so definitiv gestört.
So werden die unerwünschten Seitentriebe entfernt
Entscheidet man sich dafür, seine Paprika- und Chilipflanzen auszugeizen, ist das Vorgehen recht einfach:
- Seitentriebe zwischen Haupttrieben und Blattachsen trotz buschiger Wuchsform leicht zu identifizieren
- Triebe seitlich ausbrechen, nicht entlang des Haupttriebs abziehen, da ansonsten großflächige Pflanzenhautverletzungen drohen
- Alternativ: Seitentriebe mit scharfer Schere oder Gartenmesser abschneiden, dabei Verletzungen benachbarter Triebe vermeiden
Durch das Ausgeizen von Paprika und Chili wird die Wuchsform der Gewächse verändert und verliert ihren buschigen Charakter. Je nach Intensität des Ausgeizens kann ein Rankgerüst oder eine ähnliche Konstruktion erforderlich werden.
Tipp: Anstatt gezielt einzelne Seitentriebe zu entfernen, lohnt bei vielen Paprika- und Chilisorten ein allgemeiner Rückschnitt. Da viele Sorten sehr schnell und üppig wachsen, ist eine Größenbegrenzung nahezu zwingend erforderlich. Auch auf diesem Wege lässt sich die Energie der Pflanzen vom Blattwachstum in die Früchte lenken, allerdings ohne gezielt Seiten- oder Nebentriebe zu entfernen. So bleibt die grundlegende Buschform erhalten und der Organismus kann sich in gewohnter Art, nur eben in geringerer Größe entwickeln.
Sonderfall Königsblüte
Eine entgegen dem klassischen Ausgeizen bewährte Methode mit nahezu gesichertem Effekt zur Einflussnahme auf den Wuchs der Paprikagewächse stellt dagegen das Ausbrechen der Königsblüte dar. Als Königsblüte wird die oberste Blüte zwischen Haupttrieb und oberstem Seitentrieb beschrieben. Wird sie entfernt, wird die Bildung zusätzlicher Triebe und Blätter angeregt. Der Vorgang ist zwar nicht originär mit dem klassischen Ausgeizen gleichzusetzen, da aber ebenfalls Teile der Pflanzen gezielt entfernt werden, soll die Erwähnung dennoch in diesem Zusammenhang erfolgen.