Bei der Vermehrung von Pflanzen greifen Profis und Hobbygärtner gerne zu so genanntem Bewurzelungspulver, das ein sichereres und schnelleres Anwachsen der neuen Pflanze gewährleisten soll. Doch viele chemische Mittel sind für Hobbygärtner nicht erhältlich, oder man möchte bewusst auf Chemie verzichten. Wir verraten verschiedene Hausmittel, mit denen die Aktivierung des Wurzelwachstums dennoch gelingt.
Wie geht Wurzelaktivierung?
Zunächst sollte man sich verdeutlichen, worum es bei der Aktivierung des Wurzelwachstums überhaupt geht, denn erst dann lassen sich die einzelnen Mittel und Wurzelpulver-Alternativen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit beurteilen. Außerdem können mögliche Vorsichtsmaßnahmen gezielt in die Anwendung einbezogen werden.
Direkte Anregung durch Hormone
Die direkteste Form der Aktivierung, die auch mit klassischem Bewurzelungspulver erreicht wird, ist die Wachstumsförderung über den Einsatz von Wachstumshormonen. Besonders wirkungsvoll sind die im Bewurzelungspulver enthaltenen Substanzen Indol-3-Essigsäure, Indol-3-Buttersäure und 1-Naphtalynessigsäure. Aber auch Hausmittel können diese Hormone, wenn auch in weit geringerer Konzentration, beinhalten. Die Hormone regen unmittelbar das Zellwachstum an und sorgen so für ein schnelleres und intensiveres Wurzelwachstum.
Förderung durch sonstige Vorteile
Die zweite Möglichkeit der Wachstumsförderung ist nicht die direkte Einflussnahme auf die Wurzelbildung, sondern viel mehr die Begünstigung des Wachstums durch vorteilhafte Umgebungsbedingungen. Dazu gehört einerseits die Vorhaltung aller erforderlicher Nährstoffe, aber auch die Abtötung möglicherweise nachteiliger Keime. Diese Funktionen werden vom echten Bewurzelungspulver nicht übernommen, können aber durch zahlreiche Mittel aus der Küche, sowie selbst erstelle Hausmittel ergänzend erbracht werden.
Hausmittel zur Wurzelbildung
Zur Aktivierung des Wurzelwachstums kommen zahlreiche Hausmittel in Frage:
1 – Weidenwasser
- Herstellung: Sud aus heißem Wasser mit kleingeschnittenen Blättern und Jungtrieben der Weide, für mindestens 24 Stunden gezogen
- Anwendung: Triebe vor Einsetzen einige Stunden im Weidenwasser stehen lassen
- Inhaltsstoffe: zahlreiche Auxine (Phytohormone) und echte Wachstumshormone
- Wirkungsweise: Direkte Anregung des Wurzelwachstums, sowie Abwehr von Pilzen und Bakterien
TIPP: Weidenwasser gilt auch unter professionellen Gärtnern als echte Alternative zum chemischen Bewurzelungspulver und als eines der wirksamsten selbst herstellbaren Mittel überhaupt!
2 – Zimt
- im Lebensmittelfachhandel vorgemahlen erhältlich
- Inhaltsstoffe: desinfizierende Inhaltsstoffe, wie Antioxidantien
- Anwendung: Steckling vor dem Einpflanzen an der Schnittfläche mit Zimtpulver einreiben
- Wirkungsweise: Desinfektion der Schnittstelle, somit günstigere Ausgangslage für Wurzelbildung
3 – Apfelessig
- Herstellung: Lösung aus 6 Tassen Wasser und einem Teelöffel Apfelessig
- Inhaltsstoffe: Essigsäure
- Anwendung: Steckling kurz in Essig-Wasser-Lösung eintauchen und einpflanzen
- Wirkungsweise: tötet gezielt Pilze ab und schützt vor Wachstumshemmenden Infektionen.
ACHTUNG: Apfelessig kann neben den Pilzen auch den Steckling selbst abtöten. Daher sollte er nur kurz und unbedingt in angegebener Verdünnung angewendet werden! Auch in Kombination mit Bewurzelungspulver oder anderen fördernden Stoffen kann sich eine nachteilige Auswirkung auf deren Wirksamkeit zeigen!
4 – Honig
- im Lebensmittelhandel erhältlich
- Inhaltsstoffe: Enzyme, Vitamine B, PP, C, K, E, Ascorbinsäure, Mineralien
- Anwendung: Schnittstelle des Setzlings vor Einpflanzen mit Honig bestreichen
- Wirkungsweise: Abtötung von Bakterien und Pilzen als Wachstumshemmer, Förderung durch Versorgung mit Nährstoffen, die über Schnittflächen direkt in die Leitungsbahnen gelangen
ALTERNATIV: Statt den Zweig direkt mit Honig zu bestreichen, kann auch eine Lösung von einem Teelöffel Honig auf eineinhalb Liter Wasser erstellt werden, in die der Trieb mit der Schnittfläche für etwa 12 Stunden eingestellt wird.
5 – Aspirin
- in der Apotheke erhältlich
- Inhaltsstoffe: Acetylsalicylsäure
- Anwendung: Triebe für mehrere Stunden in Aspirinlösung stehen lassen
- Wirkungsweise: Desinfektion der Schnittfläche und Förderung des Nährstofftransports bei der Wurzelbildung
6 – Kartoffeln
- im Lebensmittelmarkt erhältlich, auch gut mit bereits nicht mehr verzehrfähigen Kartoffeln möglich, so lange keine Fäulnis oder Schimmel vorhanden
- Inhaltsstoffe: wachstumsfördernde Enzyme, Nährstoffe, v.a. Stärke
- Anwendung: Steckling in vorbereitetes Loch in der Kartoffel stecken und dann mitsamt Kartoffel im Boden einpflanzen
- Wirkungsweise: Kartoffel versorgt Steckling direkt mit wachstumsfördernden Enzymen und stellt darüber hinaus optimales Nährstoffreservoir für erste Wachstumsphase dar, später Zersetzung der Knolle
7 – Aloe Vera-Saft
- Herstellung: Lösung aus einem Glas Wasser und einem Esslöffel Aloe Vera-Gel aus dem Reformhaus erstellen
- Inhaltsstoffe: antiseptische Wirkstoffe, wachstumsfördernde Enzyme und verschiedene Nährstoffe
- Anwendung: Steckling in der Lösung wurzeln lassen, anschließend in Anzuchterde einpflanzen
- Wirkungsweise: Stärkung der Pflanze durch Nährstoffmix, Gesunderhaltung durch antiseptische Wirkung, Förderung der Wurzelbildung durch enthaltene Enzyme
8 – Hefe-Lösung
- Herstellung: Lösung aus 100 Gramm Trockenhefe und einem Liter lauwarmem Wasser erstellen
- Inhaltsstoffe: Enzyme als Stoffwechselprodukte der Hefepilze
- Anwendung: Stecklinge einen Tag in Lösung stellen, anschließend abwaschen und in normalem Wasser wurzeln lassen
- Wirkungsweise: Beschleunigung des Wurzelwachstums durch enthaltene wachstumsfördernde Enzyme
Mäßigung statt Masse
Setzt man die beschriebenen Stoffe als Ersatz für künstliche Bewurzelungspulver ein, mag man zuerst verleitet sein, die Mittel im Übermaß einzusetzen. Denn viel hilft bekanntlich viel und da Hausmittel ja meist etwas weniger stark wirken, als ihre chemischen Geschwister, lohnt etwas mehr allemal. Hier sei jeder Hobbygärtner gewarnt, es mit dem Einsatz der natürlichen Alternativen zu übertreiben. Denn auch wenn man hier tatsächlich mit wenigen Ausnahmen kaum etwas falsch machen kann, kann eine zu stark angeregte Wurzelbildung der Pflanze schaden. Denn wachsen die Wurzeladern zu schnell, können sie nur unzureichend stark ausgebildet werden, sodass das Wachstumstempo ganz klar zu Lasten der Stärke der späteren Pflanze geht.